In der Nacht zum 28. Oktober wurden in Mietshäusern in und im Umfeld der Parchimer Allee von Mitgliedern der Neonazi-Gruppe „Der III. Weg” Flugblätter in die Briefkästen geworfen.
Wie üblich greifen die Neonazis einen aktuellen sozialen Konflikt auf, für den sie rassistisch aufgeladene „Lösungen” vorschlagen.
Diesmal geht es um die Verdrängung von Mietern aus ihren angestammten Wohnbezirken aufgrund steigender Mietkosten - ein reales Problem, gegen das sich vor einigen Jahren demokratische Mieterinitiativen gegründet haben.
Vor einem Jahr haben diese Initiativen mit mehr als 1 Million Stimmen einen Volksentscheid in Berlin durchgesetzt, mit dem die Vergesellschaftung von privaten Immobiliengesellschaften (ausgenommen sind Genossenschaften) mit mehr als 3000 Wohnung per Gesetz erreicht werden soll.
Mit ihrem Flugblatt „Volksentscheid umsetzen - Deutsche Wohnen endlich enteignen!” will sich die Nazi-Gruppe an die Kampagne anhängen und als deren Verfechter erscheinen.
Doch worin sieht die Nazi-Gruppe die Ursachen und welche „Lösungen” bietet sie an?
Getreu dem Nazi-Grundsatz, die Auseinandersetzung verlaufe nicht zwischen Mietern und marktbeherrschenden Wohnungsgesellschaften, sondern zwischen Volksdeutschen und Fremden, werden internationale Gesellschaften in den Händen ausländischer „raffgieriger Immobilienhaie” für Mietsteigerungen und Verdrängung verantwortlich gemacht.
Deshalb besteht der erste Teil der „Lösung” in der Enteignung der internationalen Immobiliengesellschaften sowie dem „Verbot internationaler Konzerne Wohnraum in Deutschland zu kaufen”.
Wieder einmal unterstellen die Nazis eine fremdländische Verschwörung, die das deutsche Volk ausplündere und dabei die willfährige Unterstützung bei den Politikern aller Parteien finde.
Wir fragen an dieser Stelle: Worin besteht die Andersartigkeit zwischen einem internationalen und einem nationalen Immobilienkonzern?
Die Statistik hinsichtlich des Umgangs mit den Mietern in Bezug auf Instandhaltung, Service und Miethöhe zeigt hier keine Unterschiede.
Für die Mieter ist es gleichgültig, ob die großen Wohnungskonzerne national oder international organisiert sind.
Die unsozialen Praktiken sind dieselben.
Wieder einmal wird ein sozialer Konflikt nationalistisch und rassistisch aufgeladen.
Auch das zweite Instrument, das die Lage auf dem Wohnungsmarkt zugunsten der Mieter verändern soll, ist vom völkischen Rassismus geprägt:
Die Entspannung auf dem Wohnungsmarkt soll mittels Ausweisung von Millionen Menschen mit migrantischem Hintergrund erfolgen.
Durch die zügellose „Einwanderungspolitik der Herrschenden” dürften diese Millionen sich „in die soziale Hängematte legen.”
Das von einer Ausweisung dieser Menschen in Neukölln mehr als 1/3 der Einwohnerschaft betroffen wäre und damit Handwerk, Industrie, aber auch die gesamte Infrastruktur betroffen wäre, wird verschwiegen.
Vielmehr sollen Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft gegeneinander ausgespielt werden, die sich alle in einer gemeinsamen sozialen Lage befinden und dem Verdrängungseffekt auf dem Wohnungsmarkt ausgesetzt sind.
Das passt zum Parteiprogramm.
Ideologisch gehört der „III. Weg” zum Radikalsten, was die rechtsextreme Szene in Deutschland derzeit zu bieten hat.
Angestrebt wird ein „deutscher Sozialismus”, samt Wiederherstellung eines „Gesamtdeutschlands”, das „größer als die BRD” sei.
Die „biologische Substanz des Volkes” sei zu erhalten, Migranten „stufenweise auszuweisen”.
Der Verfassungsschutz sieht Anleihen bei der NSDAP.
Der „III. Weg” macht aus seinen Umsturzplänen keinen Hehl.
Es gehe nicht um die Beseitigung von Fehlern im System, der Fehler sei das System, heißt es in seinen Veröffentlichungen.
Nicht die soziale Bedrohung von Berlinerinnen und Berlinern durch einen unregulierten Wohnungsmarkt soll behoben werden, sondern die Diskriminierung eines Teils der Bevölkerung und die Diskreditierung der demokratischen Verfassung steht im Mittelpunkt der Nazi-Propaganda.
Wer die gemeinsamen Interessen der Mieterinnen und Mieter leugnet und eine ethnische Spaltung konstruiert, schwächt die Mieterbewegung und jegliche demokratischen Aktivitäten.
Deshalb gehört dieses Flugblatt in den Altpapiercontainer, um zu Klopapier verarbeitet einem nützlichen Zweck zu dienen.